Wer in Deutschland derzeit Handwerker sucht, hat mitunter ein Problem – oft sind Termine erst mit monatelangem Vorlauf verfügbar. Das Problem ist strukturell bedingt: Viele Betriebe sind unterbesetzt und leiden seit Jahren unter dem zunehmenden Fachkräfte- und Nachwuchsmangel. Hinzu kommen unterbrochene Lieferketten aufgrund der schwierigen geopolitischen Lage. Diese Probleme löst die Digitalisierung nicht zwangsläufig, in Zeiten voller Auftragsbücher kann sie Unternehmen jedoch effektiv dabei unterstützen, bürokratische Tagesarbeit reduzieren, Zeit für wichtigere Arbeiten zu gewinnen und die Kundenkommunikation zu verbessern. Wie eine im Juli 2022 durchgeführte, repräsentative Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) ergab, setzen heute bereits zwei Drittel aller Handwerksbetriebe in Deutschland digitale Technologien und Anwendungen ein und erzielen zeitliche, kommunikative und wirtschaftliche Vorteile. Sie bringt jedoch auch neue Anforderungen an das Arbeiten und die Betriebsführung mit sich und setzt Investitionen und Qualifizierung voraus.
Die Kontaktbeschränkungen und Lockdowns in der Pandemie haben zweifelsohne als Beschleuniger der Digitalisierung gewirkt. Inzwischen nutzen bereits 45 Prozent der Betriebe Cloud-Computing und legen Daten für ihre Mitarbeiter online ab. Etwa jeder sechste Betrieb arbeitet mit Tracking-Tools, um beispielsweise Betriebsmittel nachzuverfolgen oder verwendet vorrausschauende Wartung, bei der über Sensoren und Datenanalysen drohende Ausfälle von Anlagen früh erkannt werden können. Vier von zehn Betrieben sind inzwischen in den Social Media aktiv, um die Sichtbarkeit für Kunden zu erhöhen.
Jeder vierte Betrieb nutzt zusätzlich zur eigenen Website Online-Plattformen, in denen potenzielle Kunden Informationen suchen, Angebote einholen oder Termine anfragen. Etwa ein Viertel schaltet Werbung im Netz und kommuniziert per Newsletter. In der Pandemie sind zudem digitale Kommunikations-Tools wichtiger geworden: Nicht jeder Termin muss zwangsläufig vor Ort erfolgen – im Gegenteil, viele können zeitsparend und klimafreundlich per Videokonferenz erfolgen. Die Kommunikation über Dienste wie Zoom, Skype oder GoToMeeting stieg seit 2020 von 5 Prozent auf 29 Prozent in der internen und von 11 Prozent auf 42 Prozent in der externen Kommunikation. Jeder fünfte Handwerksbetrieb setzt intern schon auf Kollaborations-Tools wie MS Teams oder Slack. Und trotz vieler Bedenken beim Datenschutz nutzen inzwischen fast alle (91 Prozent) Messenger wie WhatsApp, Signal oder Telegram für die interne Kommunikation. Fast zwei Drittel (63 Prozent) tauschen sich auch extern beruflich darüber aus.
Digitale Tools sparen Zeit, flexibilisieren die Arbeitsorganisation und optimieren die Logistik, bringen aber auch veränderte Erwartungen seitens der Kunden mit sich: Diese erwarten heute schnellere Rückmeldungen, Lieferungen in „Amazon-Geschwindigkeit“ oder permanente Erreichbarkeit. Dies stellt das ohnehin unter Zeit- und Personalmangel leidende Handwerk vor zusätzliche Herausforderungen. Insgesamt ist, laut Studie, die überwiegende Mehrheit der Handwerksbetriebe der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossen (83 Prozent). Es gibt jedoch auch Hürden, die überwunden werden wollen, zum Beispiel Investitionskosten, Sorgen um die IT-Sicherheit, hohe Anforderungen an den Datenschutz und eine vielerorts noch immer unzureichende Internetversorgung. Rund zwei Drittel der Handwerksbetriebe sehen in der Digitalisierung darum eine Herausforderung. Die Beantragung von Fördergeldern für Digitalisierungsmaßnahmen wird von den meisten Handwerksbetrieben zudem als zu bürokratisch erachtet. Förderprogramme wie „go digital“ und „digital jetzt“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bieten gute Ansätze, die Handhabbarkeit ist aber ausbaufähig.
Der professionelle Weg zur Digitalisierung: Smarte Software
Digitalisierung heißt für Handwerksbetriebe immer auch, aus der Fülle der Möglichkeiten die richtigen Tools zu wählen. Rund elf Prozent der Handwerksbetriebe setzen darum von Beginn an auf smarte Software, die es erlaubt, ganz gezielte digitale Betriebsentwicklung zu betreiben und bürokratische Tätigkeiten zu reduzieren. Ein Aussteller auf der glasstec, der seine Erfahrungen in der Softwareentwicklung und der IT-Beratung in die Digitalisierung des Handwerks einbringt, ist das Unternehmen „som-software“. Adressat sind verschiedenste Branchen, auch die Glasindustrie, der Glashandel, Glasereien und andere Handwerksbetriebe. André Löschmann, Geschäftsführer des Unternehmens, hat erkannt, dass viele betriebliche Prozesse in Handwerksunternehmen echte Zeitfresser sind, vor allem in der Tagesarbeit. Hier setzt seine Software „som.Glas“ an, eine wahlweise lokale oder hardwareunabhängig cloudbasierte App, die Prozesse vereinfacht, automatisiert und transparent in einem Dokumenten Management System (DMS) vernetzt – beispielsweise Einkauf und Beschaffung, Materialwirtschaft, Produktionsprozesse, Controlling, das Personalmanagement, Sales und Marketing, Finanzen und die Buchhaltung. Die Software ist modular angelegt, so dass Betriebe nur jene Tools auswählen können, die sie auch wirklich benötigen. Möglich ist jedoch fast alles: „Wo früher das Aufmaß noch händisch erfolgte, Zeichnungen auf Zettel gekritzelt oder Fotos von der Baustelle per WhatsApp verschickt wurden, wird nun sehr viel schlanker, organisierter und weniger fehleranfällig gearbeitet. Im „Montagekalender“ erfolgt die zentrale Planung aller Aufmaß- und Montagetermine und die digitale Übertragung auf die Tablets der Monteure, inklusive aller dazu benötigten Informationen. Vor Ort unterstützt die App dann mit vorgefertigten Eingabemasken, in denen die branchenüblichen Daten erfasst werden. Möchte der Kunde den Auftrag zu einem Aufmaß erteilen oder die abgeschlossene Montage abzeichnen, kann er dies per Unterschrift direkt auf dem Tablet erledigen“, erläutert Löschmann.
Anrufe oder E-Mails erfolgen ebenfalls direkt aus der App – verschlüsselt und DSGVO-konform. Zusammengefasst: Die Nutzung smarter Software wirkt sich positiv auf die tägliche Arbeit aus: Zeitersparnisse, flexiblere und transparentere Arbeitsorganisation, optimierte Lagerung und Logistik.
„Digitalisierungspfad“ für das Glaserhandwerk
Auch der Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks (BIV) möchte Handwerksunternehmen unterstützen und entwickelte gemeinsam mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk den sogenannten „Digitalisierungspfad“ für das Glaserhandwerk. Betriebe, die sich auf diesen „Pfad“ begeben, durchlaufen ein E-Learning, das innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette in sieben Stationen prüft und Empfehlungen gibt, welche Digitalisierungs-Maßnahmen für den eigenen Betrieb interessant sein könnten. Die Stationen betrachten die Möglichkeiten digitaler Tools bei der Akquise, der Angebotserstellung, der Beauftragung, Planung, Ausführung und der Kundenbetreuung. Dipl.-Ing. Stefan Kieckhöfel, Hauptgeschäftsführer des BIV, erläutert: „Die Investition in neue digitale Werkzeuge ist für viele Handwerksbetriebe erst einmal herausfordernd, vor allem in Bezug auf die zeitlichen Ressourcen. Es muss sich jemand kümmern. Letztlich lohnt sich der Einstieg aber immer, denn digitale Werkzeuge unterstützen die Abläufe im Betrieb nachhaltig: Sie entlasten, schaffen Freiräume für wichtigere Tätigkeiten als die bürokratische Tagesarbeit und sie verbessern die Kundenkommunikation.“ Die Auswahl und Nutzung digitaler Werkzeuge oder sogar smarter Software kann letztlich in vielerlei Hinsicht ein Gewinn sein, nicht nur für die Arbeitsabläufe, sondern auch für die Außenwirkung bei jungen Zielgruppen: Jugendliche und junge Erwachsene sind heute oftmals „Digital Natives“ und haben den Umgang mit digitaler Kommunikation bereits verinnerlicht. Eine Ausbildung in einem Betrieb anzufangen, der für die Kommunikation noch auf das Fax setzt und handgeschriebene Zettel und Excel-Tabellen für Arbeitsprozesse einsetzt, wirkt auf sie vermutlich „altmodisch“, wenig zeitgemäß und nicht zukunftsorientiert.
Mit der digitalen Unternehmensentwicklung modernisieren sich Betriebe hingegen erheblich und werden so auch interessanter für qualifizierte Fachkräfte und die Nachwuchsgewinnung.
Weitere Informationen zum Digitalisierungspfad finden interessierte Leser auf www.handwerkdigital.de oder direkt auf der glasstec 2022, vom 20. bis 23. September in Düsseldorf. Spannende Entwicklungen zu diesen und weiteren Trends verfolgen Besucher auch im breit aufgestellten Konferenzprogramm und bei den „WorldSkills Germany@glasstec“, dem Leistungswettbewerb der nicht-akademischen Berufe für Teilnehmer bis 23 Jahre. Der Wettbewerb wird vom Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks e.V., dem Verband der Jungglaser und dem Fensterbauer e.V. ausgerichtet.
Bildunterschriften
[22-05_Digitalisierungspfad Glaserhandwerk]
Digitalisierungspfad Glaserhandwerk
Foto: BIV e.V.
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Stefan Kieckhöfel, Hauptgeschäftsführer, BIV e.V.
Foto: BIV e.V.
[22-05_André Löschmann]
André Löschmann, Geschäftsführer, som-software
Foto: André Löschmann
[22-05_Angebot]
Angebot
Foto: som-sofware
[22-05_Dashboard]
Dashboard
Foto: som-software
[22-05_Montageplanung]
Montageplanung
Foto: som-software
[22-05_Tourenplanung]
Tourenplanung
Foto: som-software