Das Port House in Antwerpen ist eines der weltweit ersten noch mit Zaha Hadid geplanten Projekte, welches jetzt fertig gestellt wurde. Die vertikale Erweiterung, Sanierung und Transformation einer ehemaligen Feuerwache zum neuen Headquarter der Hafenbehörde von Antwerpen verbindet das Alte mit dem Neuen und ist weithin sichtbares Zeichen für die Zukunft des Seehandels.
Antwerpen hat als zweitgrößter Handelshafen in Europa maßgeblichen Anteil am internationalen See- und Binnenhandel. So schafft der Hafen nicht nur in Antwerpen, sondern auch bei seinen weltweiten Handelspartnern zahlreiche Arbeitsplätze und hat das Ziel, Standort und Unternehmen nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten. Motivation des Wettbewerbs 2007 war es, ein neues Headquarter am Hafen in Antwerpen zu errichten, das die Werte des Unternehmens sowohl intern für seine 500 Mitarbeiter aus den Bereichen Technik und Verwaltung, aber auch nach außen in einem lokalen und internationalen Markt repräsentiert. Der Bedarf nach einem neuen Bürogebäude für die Hafenbehörde und der Wunsch, das denkmalgeschützte, im hanseatischen Stil errichtete Gebäude einer ehemaligen Feuerwache an der Hafenanlage Mexico Island in Antwerpens Kattendijk Dock zu erhalten, führte zur Auslobung des Wettbewerbs seitens der flämischen Baubehörde und der Hafenbehörde Antwerpens, die es zur Vorgabe machten, das alte Gebäude zu erhalten und zu transformieren.
Entsprechend intensiv setzten sich Zaha Hadid Architects gemeinsam mit Origin, einem Beratungsunternehmen für kulturelles Erbe, mit der Geschichte des Standorts und des Gebäudes auseinander. Die Entscheidung für eine aufgeständerte Erweiterung des Bestandsgebäudes anstelle eines angrenzenden neuen Baukörpers geht aus dieser historischen Analyse hervor: der Entwurf nimmt Bezug auf einen ursprünglich für das Bestandsgebäude vorgesehenen Turm, der als großzügiges und weithin sichtbares Emblem das hanseatische Gebäude hätte ergänzen sollen. Was damals nicht zustande kam, kommt nun zur Realisierung in dem Aufbau, der in seiner signalhaften Wirkung sowohl Referenz für die Stadt Antwerpen als „Stadt der Diamanten“ ist, als auch in seiner dem Rumpf eines Schiffes ähnlichen Form den Seehandel am Hafen von Antwerpen symbolisiert. Ebenso maßgeblich für den Entwurf und ausschlaggebend für die Entscheidung zur vertikalen Erweiterung war die Interpretation der Fassaden der alten Feuerwache als vier gleichrangige Fassaden, ein Anbau hätte mindestens eine Gebäudeseite obstruiert und wertend in die Fassadenhierarchie eingegriffen. Das neue Gebäude scheint über dem alten Gebäude zu schweben. Die nüchterne, kantige Solidität des Bestandsgebäudes kontrastiert dabei mit der Dynamik der gekrümmten Oberfläche des neuen Gebäudes, das wie ein organisches Objekt das Prinzip einer einzelnen fließenden Fassade repräsentiert.
Mit seiner sensiblen Bezugnahme auf den Bestand und den Ort zeigt der neue Baukörper, dass er nicht nur ikonenhaft herausragt, sondern sich auch in den Kontext einzuordnen weiß. An der Schwelle zwischen Stadt und Hafen gelegen, zeigt der neue Erweiterungsbau wie der Bug eines Schiffes in Richtung des Flusses Scheldt und verbindet damit das Gebäude mit dem Fluss, an dem Antwerpen gegründet worden war. Auch das Innere des neuen Gebäudes erinnert in seiner Dynamik an einen Schiffsbau: durch verglaste Panoramafassade werden in den farblich weiß gehaltenen Räumen vielfältige Blickbezüge zu Hafen, Stadt und Fluss hergestellt.
Umgeben von Wasser, besteht die Fassade der neuen Erweiterung aus einer verglasten Oberfläche, die sich in ihrer Optik wellenartig zu bewegen scheint und die wechselnden Schattierungen und Farben des Stadthimmels reflektiert. Die gemeinsam von Architekten, Fassadenplanern und Schüco entwickelte Sonderkonstruktion, bestehend aus dreieckigen Segmenten, ermöglicht die Formung scheinbar reibungsloser Kurven mit flachen Glasplatten und bewirkt auch den graduellen Übergang von flacher Fassade am Südende des Gebäudes zu einer wellenartigen Fassade im Norden. Die meisten der dreieckigen Segmente sind transparent, einige opak. Diese präzise abgestimmte Mischung sorgt für ausreichend Sonnenlicht innerhalb des Gebäudes und kontrolliert gleichzeitig die Sonneneinstrahlung. Ebenso bewirkt der Wechsel von transparenten und opaken Fassadenelementen eine Brechung des Gebäudevolumens des neuen Erweiterungsbaus und bietet Panoramablicke auf den Fluss Scheldt, die Stadt und den Hafen. Die raue, wellenartige Erscheinungsform der Fassadenfläche wird hervorgerufen durch flache Fassadengelenke im Süden, die nach Norden hin zunehmend dreidimensionaler werden. Die neue Erweiterung erscheint als ein transparentes Volumen, das seine Oberfläche mit der wechselnden Intensität des Tageslichts verändert. Wie die raue Wasseroberfläche des umgebenden Hafens spiegelt die Fassade die sich ständig verändernden Lichtbedingungen wieder.
Der Innenhof der Feuerwache wurde mit einem Glasdach geschlossen und zum Empfangsbereich für das neue Port Haus umfunktioniert. Von diesem zentralen Atrium aus erschließen sich den Besuchern ein öffentlicher Lesesaal und eine Bibliothek innerhalb der ehemaligen Halle für Löschfahrzeuge, die sorgfältig restauriert und transformiert wurde. Panoramalifte ermöglichen direkten Zugang zum neuen Erweiterungsbau mittels einer externen Betonbrücke zwischen Bestandsgebäude und Erweiterung und bieten Ausblicke auf die Stadt und den Hafen. Die Anforderung der Hafenbehörde an Büroräume mit hohem Kommunikationswert wird durch entsprechende Bereiche wie einem Restaurant, Besprechungsräumen und einem Auditorium, die alle im Zentrum der oberen Geschosse des Bestandsgebäudes und in den unteren Geschossen des Neubaus gelegen sind, erfüllt.
In Zusammenarbeit mit der Energieberatungsfirma Ingenium entwickelten Zaha Hadid Architects ein nachhaltiges und energieeffizientes Design, das mit der Bewertung „sehr gut” durch das Umweltzertifikat BREEAM ausgezeichnet wurde. Trotz der Herausforderungen bei der Integration eines Neubaus in ein denkmalgeschütztes bestehendes Gebäude konnten durch die Implementierung effektiver Strategien in jeder Bauphase hohe Standards an nachhaltigem Entwerfen erreicht werden. Ein Erdwärmesystem pumpt Wasser aus 80 Metern Bodentiefe an über 100 Orte innerhalb des Gebäudes und sorgt so für Wärme und Kühlung. Im Bestandsgebäude benutzt dieses System Kühlbalken, im Neubau Kühldecken. Die Uferlage ermöglichte außerdem eine nachhaltige Konstruktionsweise, da Material und Gebäudekomponenten per Wasserweg direkt zur Baustelle transportiert werden konnten.
Das neue Port House in Antwerpen ist gleichermaßen beispielhaft für den sensiblen Umgang mit der Geschichte und den Bedürfnissen des Standorts. Ebenso weist es in Form, Nachhaltigkeit, Entwurfs- und Produktionsweise selbstbewusst in die Zukunft: ein funkelnder Leuchtturm, sichtbar für alle Welt.