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17.10.2014

Bayerisches Zentrum für Angewandte Energieforschung e. V. (ZAE Bayern)

Gasfüllgrad-Messverfahren für Isoliergläser (GfMI)

Gasfüllgrade bei Mehrscheibenisoliergläsern (MIG) müssen mindestens 90% betragen. Eine smarte und effiziente Kontrolle und Dokumentation der Gasfüllgrade ist sinnvoll. Erste Isolierglashersteller stellen auf ein neues, zerstörungsfreies Prüfverfahren um.


Zur Einhaltung zugesicherten Eigenschaften müssen MIG einen Gasfüllgrad von mindestens 90% haben. Eine Toleranz nach unten gibt es laut gültiger Güterichtlinien und Produktspezifikationen der Glashersteller/Glasbeschichter nicht.
Heißt als eindeutig: 90% Gasfüllgrad ist einzuhalten und zu garantieren.
Umfangreiche Untersuchungen, Überprüfungen und Feldtests im Forschungsprojekt „FensterCheck“ (FeC) von Isoliergläsern aus unterschiedlichen Produktionsanlagen mit anschließenden, zeitlich verzögerten, Messungen der Gasfüllgrade zeigten bei nicht unerheblichen Stückzahlen deutliche Abweichungen gegenüber dem Referenzwert von 90 %.

Eine gezielte Prozessüberwachung ist empfehlenswert, damit Unterschreitungen des Gasfüllgrades rechtzeitig erkannt und der Herstellprozess entsprechend korrigiert werden kann.


Bisherige Mess- und Prüfmethoden
Zur Analyse des Gasgemisches im Scheibenzwischenraum (SZR) wird der ausgehärtete Randverbund angestochen, eine Messsonde eingeführt und punktuell der Sauerstoffgehalt gemessen, mit dem Messwert wird über eine Tabelle der Gasfüllgrat abgelesen und in Dokumentationslisten eingetragen. Anschließend wird die Öffnung im Randverbund wieder versiegelt. Bei derartigen Prüf- und Dokumentationsmethoden fragt man sich schon, ob sie heute noch zeitgemäß sind und dem Automatisierungsgrad bei der Isolierglasherstellung mit den praktizierten Maßnahmen zur Qualitätssicherung entsprechen. Sicherlich sind derartige Methoden nur für einzelne Stichproben geeignet und ansonsten nicht für eine Fertigungskontrolle nutzbar, zumal Schwankungen bei Füllgraden offenkundig sind und abgestellt werden müssen.


Neues Verfahren und Einsatzmöglichkeiten.
Im Rahmen des Projekts FensterCheck wurden Verfahren und Methoden zur Bestimmung der Sauerstoffkonzentrationen im SZR, ohne den Randverbund zu verletzen, untersucht, entwickelt, analysiert, getestet und bewertet. Die Lösung ist ein berührungsloses optochemisches Gasfüllgrad-Messverfahren für Isoliergläser (GfMI). Dafür wird im SZR am oberen Rand des Isolierglases direkt neben dem Abstandhalter ein „Sensorspot“ angebracht, der einen Flureszensfarbstoff erhält. Dieser wird von außen mit sichtbarem Licht angeregt, dass rückgestrahlte Flureszenslicht enthält die Information über den Sauerstoffgehalt im SZR mit einer Genauigkeit von 0,1 % woraus der Gasfüllgrad berechnet werden kann. Dieses Verfahren eignet sich für die üblichen Glasdicken und Beschichtungen. Der Sensorspot wird mit einem modifizierten Drucksystem nach der Waschmaschine direkt auf die Glasscheibe aufgebracht, oder kann wie ein Etikett aufgeklebt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wird mit einem O2-Scanner an beliebiger Stelle, z.B. im Versand, die Sauerstoffkonzentration in weniger als einer Sekunde gemessen.
Spätere Nachmessungen, z.B. bei der Verglasung und Abnahme von Objekten, sind problemlos möglich und können jederzeit den Gasfüllgrad bestätigen.

Nach dem das Verfahren fest stand, wurden effiziente Aufbringungs-, Mess- und Auswertelösungen erarbeitet und umgesetzt. Die Schritte und Ergebnisse sind:

Aufkleben oder Aufdrucken der Spots direkt auf das Glas; vorzugsweise nach der Reinigung der Gläser.

Auf dem Isolierglasetikett wird zusätzlich ein QR-Code aufgedruckt. Er enthält die Informationen: Datum, Auftragsnummer, Position, Pos. Menge, Gasart
Vor dem Messen erfolgt das Einlesen des QR-Codes und damit werden die Messergebnisse direkt den Glasinformationen zugeordnet und stehen z.B. auf einem Tablet für die weiter elektronische Verarbeitung (Bestätigung des Gasfüllgrades, Dokumentationen etc.) zur Verfügung.

Erste Isolierglashersteller stellen auf das neue, zerstörungsfreie Prüfverfahren um und setzen es für folgende Bereiche ein:

1. Häufigere Kontrolle der Gasfüllgrade bei den jeweiligen Produktionsanlagen als Prozessüberwachung und Prozesskontrolle.
2. Regelmäßige Prüfungen nach EN 1279-6 (ca. 20 bis 30 Stck pro Tag) und effiziente Dokumentation im Rahmen der Qualitätssicherungsmaßnahmen.
3. Durchgängige Prüfung von Objekt- oder Auftragsgläsern mit der Möglichkeit des jederzeitigen Nachweises des Gasfüllgrades z.B. bei der Verglasung oder bei Abnahmen der Endprodukte.
Parallel werden Konzepte und Lösungen untersucht und entwickelt, wie man eine 100% Prozessüberwachung und Prozesssteuerung unter Nutzung des Messverfahrens und Modifizierungen in den Anlagentechniken erreichen kann. Hierzu gibt es eine Kooperation zwischen Isolierglasherstellern, Technologiepartner für Sensorchemie und Aufbringung, Anlagenbauer sowie Forschungsinstitut. Ziel ist es, Schwankungen beim Gasfüllgrad sofort erkennen, Gegensteuern, Qualität an jeder Isolierglasscheibe kontrollieren und dokumentieren.

Präsentation des Verfahrens auf der glasstec 2014 (ZAE, Halle 11, Stand A42-6).