Forscher der Universität Bayreuth haben gemeinsam mit Partnern in China und den USA ein Oxidglas mit bisher unerreichter Bruchfestigkeit hergestellt. Unter hohen Drücken und Temperaturen ist es ihnen gelungen, ein Aluminosilikatglas parakristallisieren zu lassen. Die dadurch entstandenen kristallähnlichen Strukturen bewirken, dass das Glas sehr hohen Belastungen standhält, und bleiben unter normalen Umgebungsbedingungen erhalten. Die Parakristallisation erweist sich damit als vielversprechendes Verfahren zur Herstellung extrem bruchfester Gläser. In "Nature Materials" stellen die Forscher ihre Ergebnisse vor, an denen auch das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg beteiligt war.
Glas ist in vieler Hinsicht ein attraktiver Werkstoff für moderne Technologien. Allerdings schränkt seine Sprödigkeit, die leicht zu Rissen und Brüchen führt, seine Anwendungsmöglichkeiten ein. Forschungsansätze mit der Absicht, die Bruchfestigkeit von Glas unter Beibehaltung seiner vorteilhaften Eigenschaften stark zu erhöhen, haben bisher größtenteils nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht.
Der in „Nature Materials“ vorgestellte neue Ansatz geht von Oxidgläsern aus, die eine eher ungeordnete innere Struktur aufweisen. Sie zählen zu den am häufigsten kommerziell genutzten Glasmaterialien. Am Beispiel eines Aluminosilikatglases, das Silizium, Aluminium, Bor und Sauerstoff enthält, ist es dem Forscherteam in Deutschland und China gelungen, dem Oxidglas eine neue Struktur zu geben. Dazu nutzten sie Hochdruck- und Hochtemperaturtechnologien am Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth.
Bei einem Druck zwischen 10 und 15 Gigapascal und einer Temperatur von etwa 1.000 Grad Celsius gruppierten sich die Silizium-, Aluminium-, Bor- und Sauerstoffatome zu kristallähnlichen Strukturen. Diese Strukturen werden als "parakristallin" bezeichnet, weil sie sich deutlich von einer völlig unregelmäßigen Struktur unterscheiden, aber nicht die völlig regelmäßige Struktur von Kristallen haben. Sowohl empirische Analysen mit Hilfe spektroskopischer Techniken als auch theoretische Berechnungen zeigten deutlich diesen Zwischenzustand zwischen Kristallstrukturen und amorpher Unregelmäßigkeit.