Die Glasfachschule Zwiesel – gegründet 1904 – zählt zu den traditionsreichsten Bildungszentren für Glas in Deutschland. Sie betreibt drei Schulformen: eine Berufsschule (duale Ausbildung), eine Berufsfachschule (vollschulische Ausbildung) und eine Fachschule (Weiterbildung für Fachkräfte). Als international anerkanntes Kompetenzzentrum verfügt sie über langjährige Erfahrung in der Ausbildung von Glasmachern, Glasveredlern und Gestaltern. Auf der glasstec 2024 präsentierte sich die Schule als Aussteller und zeigte, wie sich das Glaserhandwerk im Spannungsfeld zwischen Tradition, Technik und Kreativität weiterentwickelt.
Im Gespräch mit Schulleiter Gunther Fruth wird deutlich, wie junge Menschen für das Arbeiten mit Glas begeistert werden – und warum Handwerk auch in Zukunft unverzichtbar bleibt.
Welche Bedeutung haben traditionelle handwerkliche Glaserberufe wie Glasmacher oder Glasveredler heute noch für die Industrie – gerade in Zeiten zunehmender Automatisierung?
Gunther Fruth: „Grundsätzlich nimmt das Bewusstsein für hochwertig erstellte Produkte unter dem Label ‚handmade‘ in unserer Gesellschaft wieder einen höheren Stellenwert ein. Massenware hat im Glas den entscheidenen Marktanteil, aber auch in der industriellen Glasfertigung werden bewusst einzelne Produktlinien mit Individualität und Handarbeit produziert und beworben.
Beispiele dafür finden sich bei Zwiesel Glas, bei Kristallglasmanufaktur Therensienthal oder beim auf Antikfachglas spezialisierten Betrieb Lamberts. Des Weiteren ist die handwerkliche Fertigung für die Entwicklung von Prototypen (Musterglasfertigung) unverzichtbar.“
Wie hat sich die Ausbildung in den vergangenen Jahren verändert – beispielsweise im Hinblick auf technische Anforderungen, Kreativität oder Spezialisierung?
Gunther Fruth: „Die Einbindung neuester technischer Entwicklungen spielt in der Ausbildung grundsätzlich eine wichtige Rolle. Dennoch bleibt im ersten Schritt das Sammeln von Erfahrungen mit dem sensiblem Material Glas ein entscheidender Faktor. Die Basics können nur mit dem handwerklich direkten Umgang verstanden und erlernt werden. Das Einbinden von industriellen Verarbeitungsvorgängen, wie z. B. mittels Kantenautomaten, Wasserstrahlschneidanlagen, Laminiertechniken usw. wird mit wachsender Materialsicherheit im Laufe der dreijährigen Ausbildungszeit dann mehr und mehr praktiziert.
Zielführend sind dabei Individualisierung und Kreativität, neben günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die tragenden Säulen unserer Ausbildung und einer zukunftsträchtigen Glasentwicklung.“
Wie gelingt es Ihnen, junge Menschen für Berufe wie Glasapparatebauer oder Glas- und Porzellanmaler zu begeistern?
Gunther Fruth: „An unserer Schule mit den drei Schultypen Berufsschule, Berufsfachschule und Fachschule sind wir besonders in der Berufsfachschule mit dem Thema Schülerakquise für die Handwerksberufe Glasmacher, Glasbläser Gestaltung, Glasapparatebauer, Glasmaler und Kunstverglasung, Glasveredeler Schliff Gravur und Fachglasveredeler aktiv.
Dabei versuchen wir mit Informationstagen, Praktikumswochen und Workshop-Projekten mit Allgemeinbildenden Schulen die Begeisterung für Glas zu ermöglichen und als offene Schule für die Glasregion Ostbayern und deren Kompetenzen zu werben. Dabei stellen wir fest, dass mehr und mehr ein gezieltes Interesse am Handwerk mit Glas und dessen Kreativitätspotenzial herrscht. Dies betrifft besonders die Heißglasverformung (Glashütte und Glasbläserei).
Wir vermitteln das Können der Tradition und verknüpfen es zugleich mit neuesten Techniken auf dem Weg der ‚Zukunft mit Glas‘.“