INTERVIEW ZUR STRATEGIE
Herr Asbeck, wie plant SolarWorld dem wachsenden Wettbewerbsdruck in der Solarbranche zu begegnen?
SolarWorld steht für Premium-Qualität made in Europe und made in USA, für hohe Lebensdauer und Effizienz. Wir haben uns immer mit enger Kundenbindung und besonders hochwertigen Produkten vom Wettbewerb abgesetzt. Diese Strategie bleibt richtig. Nur so können wir uns von billig, billig aus China und anderswo absetzen. Allerdings müssen wir uns stärker fokussieren. In der Vergangenheit haben wir unser Produktportfolio immer weiter ausgedehnt. Hinzu kommt, dass unsere Fertigung in Deutschland mit zwei integrierten Standorten in räumlicher Nähe noch viele Doppelungen aufweist. Das werden wir ändern, um Skaleneffekte zu erzielen, Kosten zu senken und das Kundenversprechen mit jedem von uns produzierten Modul einzulösen: Wer SolarWorld kauft, bekommt Hochleistung - immer!
Dafür setzen Sie jetzt voll auf monokristalline Siliziumtechnologie. Warum?
Monokristalline Solarzellen und -module sind der multikristallinen Technologie in Leistung und Ästhetik überlegen. Hier sehen wir auch die größten Wirkungsgradpotenziale für die Zukunft. Mit der Einführung der Mono-PERC-Technologie in unsere Massenfertigung erreichen wir heute schon Modulleistungen von 300 Watt und mehr, wo es mit Multi-Technologie vor drei Jahren noch 250 Watt waren.
Wie sieht es mit anderen Technologien wie Heterojunction- oder Perowskit-Zellen aus, von denen heute oft die Rede ist?
Ich finde gut, wenn Unternehmen hieran forschen und ein Wettbewerb der Technologien herrscht. Aber ich bin mir mit unserer Forschungsgesellschaft SolarWorld Innovations sehr einig. Mit Mono-PERC und zukünftigen Weiterentwicklungen werden wir, was Kosten und Leistung angeht, immer die Nase vorn haben.
Was passiert mit der multikristallinen Produktion bei SolarWorld?
Hier mussten wir uns entscheiden. Bestehende Aufträge für 2017 werden wir selbstverständlich noch ausliefern. Zukünftig werden Zellen und Module nur noch auf Basis von monokristallinen Wafern gefertigt. Dafür steigern wir die Produktion von Mono-Ingots in Arnstadt, rüsten unsere Waferfertigung in Freiberg auf Diamantdrahtsägen um und setzen unseren PERC-Ausbau fort.
Sie wollen die Zellfertigung in Freiberg aufgeben. Das können viele Mitarbeiter dort nicht verstehen.
Die Kollegen in der Freiberger Zellfertigung, früher „Deutsche Cell“, haben in den letzten Jahren Großartiges geleistet und auf engstem Raum einen hervorragenden Output hinbekommen. Deswegen verstehe ich, dass der Unmut groß ist. Aber wir müssen uns in der Fertigung konzentrieren und können nicht an beiden Standorten räumlich so nah beieinander weiter alles produzieren. Das ist am Ende zu teuer. Unser Wettbewerb sitzt in Asien und baut mit Staatsgeld riesige Fertigungseinheiten. Dagegen können wir nicht mit einer aufgesplitteten Zellproduktion ankommen. In Arnstadt haben wir vor drei Jahren Europas größte Zellfertigung von Bosch übernommen und deren Output seitdem konsequent gesteigert, auch mit Hilfe der Freiberger Kollegen. Deswegen kann nur Arnstadt unser Zellstandort in Deutschland sein. Umgekehrt gilt es bei der Modulfertigung. Die gehört natürlich in Deutschlands modernste Modulfabrik in Freiberg. Deswegen werden wir die deutlich kleinere Modulfertigung in Arnstadt stilllegen.
Bleibt es dabei, dass sie bei den Modulen so wie bisher Glas-Folien-Module als auch Glas-Glas-Module anbieten wollen?
Ja, der Großteil unserer Kunden setzt traditionell auf Glas-Folien-Module. Aber die Nachfrage nach unseren besonders belastbaren Glas-Glas-Modulen steigt. In der Kombination mit PERC und unserer Weiterentwicklung wird das Glas-Glas-Modul bei uns zum bifazialen Modul. Wer das als Kunde nutzen kann, also über einen passenden Untergrund verfügt und das original SolarWorld- Gestellsystem nutzt, hat dann nicht nur eines der stabilsten Solarmodule der Welt mit 30 Jahren Leistungsgarantie und 20 Jahren Produktgarantie sondern auch ein Modul mit integriertem Mehrertrag, weil es die Sonneneinstrahlung von beiden Seiten nutzen kann.
Welche Auswirkungen haben die Veränderungen in der Produktion und im Produktportfolio auf die Mitarbeiterzahlen?
Mit der Fokussierung auf Mono-Kristallisation und der Verlagerung der Zellfertigung aus Freiberg und der Modulfertigung aus Arnstadt sind Stellenreduzierungen verbunden. Gleichzeitig entstehen durch das weitere Hochfahren der Kristallisation in Arnstadt einige neue Stellen. Hinzu kommt, dass u.a. die Reduzierung der Produktkategorien auch Aufwand im Overhead einspart. Insgesamt hat SolarWorld in den vergangenen Jahren mit deutlich höherem Overhead gearbeitet als viele Wettbewerber. Wir werden hier Kosten und Personal verringern. Insgesamt gehen wir davon aus, in den nächsten zwei Jahren rund 400 Vollzeitstellen zu reduzieren, in etwa gleich verteilt auf Produktion und Overhead. Entsprechende Maßnahmen beraten wir derzeit mit dem Betriebsrat.
SolarWorld hat 2016 erneut Verlust gemacht. Reichen die Maßnahmen, um das Unternehmen wieder profitabel zu machen?
Im ersten Halbjahr 2016 hatten wir volle Auftragsbücher und Komplettauslastung unserer Fertigungen. Noch im 2. Quartal haben wir operativ wieder schwarze Zahlen geschrieben. Wie unsere Wettbewerber auch wurden wir Mitte des Jahres kalt erwischt durch die Entscheidung Chinas, den dortigen Markt faktisch zu beenden und die Überproduktion des Landes an Solarmodulen wieder komplett in den Export zu kanalisieren. Dies passiert erneut zu Dumpingpreisen, also unter Herstellkosten. In der Folge sind die Preise in kürzester Zeit um 20 bis 30 Prozent gefallen. SolarWorld war wie viele andere gezwungen, die Produktion zu reduzieren und mit gesonderten Vertriebsmaßnahmen den Absatz zu fördern. Damit ist die Bilanz für das Gesamtjahr negativ. Eine Rückkehr zu einem nachhaltigeren Preisniveau ist so schnell nicht zu erwarten. Die gegenwärtige Markterholung und die voraussichtliche Entscheidung, auch in der EU die Maßnahmen gegen chinesisches Dumping zu verlängern, helfen hier etwas. Die Rückkehr zur Profitabilität hängt aber davon ab, dass es uns gelingt, durch die Fokussierung auf ausschließlich sehr hochwertige Produkte und durch Maßnahmen in allen Bereichen die Kosten zu senken. Hier sind neben Overhead und Produktion vor allem der Einkauf und die Reduzierung des Working Capital, sprich Lagerhaltung, zu nennen. Einige Maßnahmen werden auch Anlaufkosten mit sich bringen, die wir einplanen. Im Ergebnis streben wir an, 2019 ein sichtbar positives EBIT zu erreichen und unsere Modulabsatzmenge auf rund 2 Gigawatt zu steigern.
Wie sehen Sie die Photovoltaik-Marktentwicklung für die nächsten Jahre?
Die weltweite Nachfrage wird weiter wachsen, insbesondere in den Märkten, die nicht wie China abgeschottet sind. Dort hat die Regierung nach dem Rekordzubau im ersten Halbjahr 2016 neue, deutlich geringere Zubauziele beschlossen. Das wiederum führt dazu, dass wir trotz wachsender Nachfrage in anderen Märkten weiterhin mit chinesischem Dumping umgehen müssen. Die am stärksten wachsenden Märkte werden Asien, Europa, der arabische Raum und weiterhin die USA sein.
Ist nach dem Wechsel an der Spitze des Weißen Hauses tatsächlich mit einem starken US-Markt für Solarprodukte zu rechnen?
Auch oder gerade Donald Trump kann sich nicht vor der ökonomischen Realität verschließen, dass Solar in weiten Teilen der USA heute günstiger ist als jeder andere Energieträger. Zudem ist wohl keine Energiequelle amerikanischer als die Sonne, die dort reichlich scheint. Die meisten Initiativen für den Ausbau der Solarenergie gehen aber ohnehin von den einzelnen Bundesstaaten aus. Selbst wenn sie wollte, könnte die Regierung in Washington hier nur sehr begrenzt etwas gegen unternehmen.
Wie geht es am Standort Hillsboro weiter?
Wir stellen in Hillsboro erfolgreich Mono-PERC-Zellen und Module made in USA her. Ziel ist, den US-amerikanischen Markt komplett von dort aus zu beliefern. Die Maßgaben zur Produktfokussierung und Effizienzsteigerung gelten dort natürlich ebenso wie für die Standorte in Deutschland.