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09/10/2014

Forum Glastechnik im VDMA e.V.

VDMA: Demnächst auf dem Markt - Verfahren zum kontinuierlichen chemischen Vorspannen von Glas

Geht davon aus, dass der Anteil von chemisch gehärtetem Glas in Zukunft steigen wird: der geschäftsführende Gesellschafter der JSJ Jodeit GmbH, Dr.-Ing. Harald Jodeit.

Frankfurt/Main, 23. Juni 2014 – Vollelektrische Schmelzanlagen für die Herstellung von alkalifreiem Spezialglas mit Tagesleistungen von deutlich mehr als zehn Tonnen, ein kontinuierliches Verfahren zum chemischen Vorspannen von Glas und eine auf Infrarotstrahlung beruhende Technik zum thermischen Vorspannen. Das sind nur einige Innovationen, die der deutsche Glasschmelzanlagen- und Maschinenbauer JSJ Jodeit auf der Branchenleitmesse glasstec, die vom 21. bis 24. Oktober in Düsseldorf läuft, vorstellen wird.


Wenn Glas chemisch vorgespannt wird, geschieht das derzeit noch in einem diskontinuierlichen Prozess. Das Material wird, um den für das Vorspannen nötigen Ionenaustausch zu realisieren, in einen elektrisch beheizten und mit einer Salzschmelze gefüllten Tank getaucht. Je nachdem welches Ergebnis erzielt werden soll, verbleibt es dort mehr oder weniger viele Stunden. Anschließend wird es herausgeholt, gewaschen und getrocknet und der ganze Prozess kann wieder von vorn beginnen. Die Leistungsfähigkeit der Anlage hängt entschieden von der Anzahl und Größe der Salztanks ab. Je mehr Glas hineinpasst, desto höher ist auch der Durchsatz. Die Kapazität ist also stark beschränkt.


Abhilfe könnte ein Verfahren schaffen, bei dem der Prozess ohne Unterbrechungen und damit kontinuierlich abläuft. Genau das haben die Ingenieure und Techniker des deutschen Glasmaschinenherstellers JSJ Jodeit in die Tat umgesetzt. Die Funktionsweise ist vom Grundsatz her eher einfach. Das vorgeheizte Glas wird nicht in einen Salztank getaucht, sondern durchläuft einen Tunnel, in dem es mit einem speziellen Salzgemisch besprüht wird. Anschließend wandert es durch einen Durchlaufofen, wo es weiter erhitzt wird und der für die Festigkeitssteigerung erforderliche Ionenaustausch stattfindet. Am Ende der Linie kommt das Glas schließlich abgekühlt und chemisch vorgespannt aus der Anlage heraus. Da die Linie ständig neu bestückt werden kann, gibt es, anders als bei der herkömmlichen Methode, keine Unterbrechungen des Produktionsvorgangs. Der Prozess erfolgt also kontinuierlich, und das bringt erhebliche technologische und wirtschaftliche Vorteile. Wie der geschäftsführende Gesellschafter der JSJ Jodeit GmbH, Dr.-Ing. Harald Jodeit, mitteilt, lässt sich nicht nur der Durchsatz um "ein Vielfaches" erhöhen. Auch großformatige Sonderanfertigungen für die derzeit oft eigens und für viel Geld auf die jeweiligen Maße zugeschnittene Salztanks gebaut werden müssten, könnten mit dem neuen Verfahren vor allem kostengünstiger vorgespannt werden. Geeignet ist die Technik primär für alle natriumhaltigen Gläser und damit nicht nur für normales Float- und Dünnglas, sondern auch für Hohlglas und Spezialgläser.


Erheblich kostengünstiger
Zur Zeit befindet sich das Projekt noch in der Erprobungsphase. Im Auftrag und in enger Kooperation mit einem Kunden, so Jodeit, sei man dabei, eine Pilotanlage zu bauen. Erste Testergebnisse sollen bis Oktober vorliegen. Darauf basierend werde dann eine große Anlage für den industriellen Einsatz gebaut. Der Geschäftsführer geht davon aus, dass chemisches Vorspannen durch die neue erheblich kostengünstigere Technik für weit mehr Anwendungen als bisher interessant wird. "Es gibt noch viele Bereiche, in denen sich das chemische Vorspannen zur Festigkeitssteigerung verschiedenster Artikel durchsetzen wird."


In Ansätzen vorgestellt wurde das neue Verfahren erstmals in der jüngsten Sitzung des vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) organisierten und veranstalteten Industriearbeitskreises Forschung und Technik in Frankfurt. Mindestens zwei Mal jährlich treffen sich dort hochrangige Vertreter in Deutschland beheimateter Glasmaschinen-und Anlagenbauer, Glashersteller und Forschungseinrichtungen zum Informations- und Gedankenaustausch. Auf der glasstec wird ein Vertreter von JSJ Jodeit während einer ebenfalls vom VDMA durchgeführten Vortragsveranstaltung am zweiten Messetag das neue Verfahren auch dem internationalen Fachpublikum vorstellen.


Doch JSJ Jodeit hat noch einiges mehr zu bieten als komplette Produktionslinien für kontinuierliches chemisches Vorspannen von Glas. Schon seit mehr als einem Jahr sind Mitarbeiter dabei, eine auf Infrarotstrahlung beruhende Technik zum thermischen Vorspannen von Glas zu entwickeln. Anders als bei den konventionell gas- oder elektrisch beheizten Systemen wird mit der Infrarottechnik nicht der ganze Raum, sondern gezielt das Glas erhitzt. Und das spart nach Angaben von Jodeit "nicht unerheblich Energie". Außerdem seien die Prozesszeit und die Investitionskosten geringer. Als weiteren Vorteil nannte der Geschäftsführer den geringeren Platzbedarf. Jodeit geht davon aus, dass die ersten Linien im kommenden Jahr verfügbar sein werden. Auf der glasstec soll die Technik erstmals vorgestellt werden.


Weniger Investitionen nötig
Kräftig geforscht wird auch in Sachen Schmelztechnik. Vor etwa acht Jahren hatte das Unternehmen erfolgreich die weltweit ersten voll elektrischen Schmelzanlagen für alkalifreie Spezialgläser auf dem Weltmarkt angeboten. Deren Tagesleistung lag und liegt auch heute noch bei unter zehn Tonnen. Jetzt arbeitet man daran, die Kapazität zu steigern. Jodeit: "Wir gehen davon aus, spätestens im kommenden Jahr Anlagen mit Tageleistungen von bis zu 20 Tonnen anbieten zu können." Doch dabei will man es nicht belassen. Gearbeitet wird auch an Lösungen, um den Bereich zwischen 20 und 50 Tonnen abzudecken. Bisher werden dort ausschließlich brennstoffbeheizte Wannen, eventuell mit einer elektrischen Zusatzheizung, verwendet.


Die Vorteile des rein elektrischen Verfahrens sind erheblich. Weil keine fossilen Brennstoffe verwendet werden, wird nicht nur die Umwelt weniger belastet. Auch die Investitionen und der Energiebedarf, so Jodeit, seien geringer und außerdem werde deutlich weniger Platz gebraucht. Hinzu kommt, dass, je nachdem um welches Glas es sich handelt, auf Läutermittel gänzlich verzichtet werden kann, wenn die Schmelzanlage mit einer geeigneten nachgeschalteten Läuterkammer kombiniert wird. Das, so Jodeit, helfe ebenfalls die Umwelt zu schonen und ermögliche es zudem eine Vielzahl von Gläsern wirtschaftlich mit exzellenter Qualität und hoher Ausbeute herzustellen.