Die Digitalisierung ist nicht nur etwas für Start-ups oder Großunternehmen. Genauso selbstverständlich gilt dies auch für die vielen Handwerksbetriebe. Der Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks (BIV) greift dieses Thema im Rahmen der vom 15. bis 18. Juni 2021 in Düsseldorf stattfindenden glasstec auf.
Die Zukunft des Handwerks ist digital
Noch immer herrscht häufig die Meinung vor, dass sich viele Handwerker mit der Digitalisierung schwertun. Doch dies stimmt so nicht, wie eine aktuelle und repräsentative Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) zeigt. Für die Studie wurden deutschlandweit 502 Handwerksbetriebe unterschiedlicher Gewerke befragt.
Nachfolgend einige Zahlen: Laut Studie setzt bereits jeder zweite Betrieb in Deutschland (53 Prozent) digitale Technologien oder Anwendungen ein. Dies entspricht einer Steigerung um 8 Prozent gegenüber der Erhebung aus dem Jahr 2017, wo nur knapp 45 Prozent der deutschen Handwerksbetriebe digitale Technologien und Anwendungen einsetzten. Die stärkste Verbreitung hat das sogenannte Cloud-Computing, das aktuell bereits 27 Prozent der Betriebe nutzen. Etwa jeder achte Handwerksbetrieb (13 Prozent) verwendet smarte Softwareprogramme, die zum Beispiel Arbeitszeiten automatisch nach Projektstatus einteilen. 12 Prozent nutzen Trackingsysteme, mit denen sich Maschinen oder Betriebsmittel nachverfolgen lassen. Eine vorrausschauende Wartung, bei der mit Sensoren und Datenanalyse drohende Ausfälle von Anlagen frühzeitig erkannt werden, hat bereits jeder zehnte Betrieb (10 Prozent) im Einsatz. 3D-Technologien (7 Prozent), Drohnen (5 Prozent) und Roboter (5 Prozent) liegen hingegen aktuell auf einem relativ niedrigen Niveau, so weitere Erkenntnisse.
Und auch bei der Kommunikation in Richtung Kunden und Lieferanten sind die meisten Betriebe inzwischen konsequent digital. Denn fast alle Handwerksbetriebe verfügen über eine eigene Homepage (97 Prozent) und rund 84 Prozent sind in Onlineverzeichnissen wie „Google Maps“ oder „Wer liefert was“ vertreten. Drei von zehn Betrieben (30 Prozent) sind sogar in sozialen Netzwerken wie Pinterest, Facebook, Instagram oder YouTube aktiv, wobei dies vor allem auf die größeren Unternehmen zutrifft. Bei Betrieben mit bis zu neun Mitarbeitern sind 25 Prozent in sozialen Netzwerken präsent; bei Handwerksunternehmen ab zehn Angestellten sind es mit 49 Prozent sogar fast doppelt so viele. Darüber hinaus ist jeder vierte Betrieb (23 Prozent) bei Bewertungsplattformen gelistet und rund jeder sechste (14 Prozent) ist auf Onlineplattformen wie „MyHammer“ oder „Treatwell“ aktiv.
Programme für die internen Abläufe
Im Rahmen der Organisations- und Administrationsarbeit haben fast zwei Drittel der Handwerksunternehmen (64 Prozent) digitale Anwendungen im Einsatz. Dies ist eine leichte Zunahme um 7 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57 Prozent). Bereits 52 Prozent der Betriebe erfassen und archivieren beispielsweise ihre Aufträge mit Hilfe einer Software für das Management von Kundenbeziehungen (CRM). 2017 waren es noch 46 Prozent. Knapp jeder dritte Handwerksbetrieb (31 Prozent) nutzt eine ECM-Software (Enterprise Content Management) zur digitalen Organisation von Dokumenten. Im Jahre 2017 waren es noch 22 Prozent). Und sogar die Personalplanung erfolgt bereits bei jedem fünften Unternehmen (20 Prozent) mit einer HR-Anwendung (2017 waren es 15 Prozent).
„Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, dass durch die Digitalisierung des Handwerks neue Formen der Wertschöpfung wie auch neue Wertschöpfungsnetzwerke mit Lieferanten, Kunden und Partnern begünstigt werden. Und nicht zuletzt führt die digitale Vernetzung auch zu einer neuen Form der Kommunikation“, erläutert Stefan Kieckhöfel, Hauptgeschäftsführer vom Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks.
Gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Digitales Handwerk* ist der Bundesinnungsverband gerade dabei, für seine angeschlossenen Mitgliedsunternehmen mögliche Wege zur Digitalisierung eines Glaserbetriebes aufzuzeigen. Bis zur glasstec im Juni werden ein gedrucktes Kompendium und eine Onlineplattform auf der Homepage des Verbandes zur Verfügung stehen. Mit diesen branchenbezogenen Tools sollen die angeschlossenen Mitglieder nicht nur Hilfestellung bei der Digitalisierung im eigenen Handwerksbetrieb erhalten, sie sollen auch verschiedene Softwareprogramme erläutert bekommen. Programme, die unterschiedliche Arbeitsbereiche wie beispielsweise die Arbeitsvorbereitung, die Akquise oder auch die Bestell- und Finanzverwaltung sowie die Qualitätssicherung und Logistik abdecken können.
Optimierung in der Auftragsabwicklung
Betriebe des Glaser- oder Fensterbauhandwerks, die bereits eine moderne Branchensoftware nutzen, haben oftmals die Möglichkeit, über Smartphones oder Tablets auf den im Betrieb vorhandenen Datenpool zuzugreifen. Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise der Außendienstmitarbeiter auf dem Weg zur Baustelle nur noch sein mobiles Endgerät sowie ein bluetoothfähiges Messgerät mitführen muss. Er benötigt keine Papierunterlagen mehr, auf denen Aufträge angelegt und Aufmaße eingetragen werden, um sie anschließend umständlich ins System einzupflegen.
Über die App hat er Zugriff auf alle relevanten Daten, die er für einen Auftrag benötigt. Neben der obligatorischen Kundenadresse sind dies beispielsweise sämtliche Auftrags- bzw. Belegdaten oder die benötigten Maße für jede Position. Darüber hinaus lässt sich vor Ort auf der Baustelle praktisch just in time prüfen, ob für die geplanten Türen oder Fenster die gewünschten Profile, Gläser, Beschläge etc. verfügbar sind oder erst noch bestellt werden müssen. Auch wichtige Zusatzinformationen zum Projekt können in Form von Text, Sprache, Bild und Video oder auch Zeichnungen und Freihandskizzen über die App verarbeitet werden. Sofern auf der Baustelle Internet verfügbar ist, stehen die eingegebenen Daten sofort im Hauptsystem zur weiteren Bearbeitung für den Innendienst zur Verfügung. Aber solch eine App funktioniert auch offline.
„Anhand solcher Beispiele wird deutlich, dass sich durch die intelligente Digitalisierung im Handwerk Zeit und Kosten optimieren lassen. Und in Richtung Lieferanten und Kunden signalisiert der Handwerksbetrieb, dass er absolut mit der Zeit geht“, betont Stefan Kieckhöfel abschließend.
*Das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk ist Teil der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“, die im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse“ vom Bundeswirtschaftsministerium unterstützt wird.
glasstec, 15. – 18. Juni 2021 in Düsseldorf
International Trade Fair for glass production, processing and products
Die hohe Internationalität der Aussteller und die Top-Entscheiderquote unter den Besuchern der Messe zeichnen die glasstec seit Jahren aus. Sie ist die Premierenplattform für Innovationen in allen Bereichen der Wertschöpfungskette, von der Herstellung über die Verarbeitung und Veredelung bis hin zur finalen Anwendung. Das richtige Gespür für Trends und Zukunftsthemen spiegelt sich auch im umfangreichen Rahmenprogramm wider.
Vom 15. – 18. Juni findet auf dem Gelände der Messe Düsseldorf mit der glasstec die Weltleitmesse rund um den Werkstoff Glas statt.
In 2018 zählte die Messe 42.306 Besucher aus 126 Ländern, denen wiederum 1.276 Aussteller aus 50 Ländern ihre neuesten Produkte, Maschinen, Entwicklungen und Visionen präsentierten.